Seltene neurologische Erkrankungen

Niemann-Pick: häufig übersehen

Von Sarah Schroth · 2018

Detailaufnahme: medizinisches Mikroskop
Ausschlaggebend für den Verlauf der Krankheit ist der frühzeitige Behandlungsbeginn.

Im Bestseller-Roman „House of God“ von Samuel Shem heißt es: „Wenn du Hufgetrampel hörst, sind es wahrscheinlich Pferde, keine Zebras.“ Diese Sichtweise, übertragen auf Patienten, könnte erklären, warum Menschen mit seltenen neurologischen Erkrankungen lange durch Diagnostikmühlen gedreht werden, bis sie eine Erklärung für ihr Leiden bekommen.

Die Krankengeschichte von Menschen mit seltenen neurologischen Erkrankungen entspricht meist einer Gefühlsachterbahn: Monate voller Hoffnung, Momente tiefster Enttäuschungen und Angst. Aufgrund des Potpourris verschiedenster Symptome ist der Weg zur Diagnosestellung oft langwierig. Auch die Ursachen der Erkrankungen sind vielfältig. Bei einigen der circa 150.000 Betroffenen in Deutschland spielen Gendefekte eine Rolle, bei anderen sind es Stoffwechselstörungen oder krankhafte Immunreaktionen des Körpers.

Nicht immer alles aussichtlos 

Von einem typischen Leidensweg berichten Betroffene mit der Niemann-Pick-Krankheit. Die vererbte Stoffwechselerkrankung führt durch die Speicherung bestimmter Fette (Lipide) in Leber, Milz und Knochenmark zu einer Vergrößerung dieser Organe. Der Beginn und Verlauf der Erkrankung ist je nach Typ variabel. Beim Typ A treten Leberfunktionsstörungen und Gedeihstörungen kurz nach der Geburt auf. Die Lebenserwartung liegt bei zwei bis fünf Monaten. Eine wesentlich bessere Prognose ist beim Typ B zu erwarten. Es zeigen sich kaum neurologische Einschränkungen und in manchen Fällen sogar nur eine leicht verkürzte Lebenserwartung. Einen variablen Verlauf zeichnet den Typ C aus. Anders als beim Typ B kommt es aber oft zu einer Vielzahl neurologischer Symptome in Form von Störungen der Augen- und Muskelbewegungen. So schwierig wie die Diagnosestellung gestaltet sich auch die Behandlung der Krankheit. 

Voraussetzung für einen möglichst gutartigen Verlauf ist in vielen Fällen der frühzeitige Behandlungsbeginn. Deshalb ist es wichtig, dass Patienten mit ungeklärten neurologischen Symp­tomen rasch in Fachkliniken transferiert werden. Doch was, wenn sogar Fachkliniken an ihre Grenzen kommen? In solchen Fällen können medizinische Zentren für seltene Erkrankungen zurate gezogen werden, über die hochspezialisiertes Expertenwissen weltweit vernetzt zur Verfügung steht. 

Seltene neurologische Erkrankungen: Hilfe zur Selbsthilfe 

Für Angehörige und Betroffene gibt es Anlaufstellen, wie zum Beispiel der Verein Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e. V. Sein Angebot reicht von Informationsmaterial bis hin zu persönlichen Beratungsgesprächen. Werden Patienten früh genug in diese Netzwerke eingebunden, sind die Chancen hoch, die bestmögliche Beratung und Behandlung zu bekommen. Nicht zuletzt besteht über diese Netzwerke auch die Möglichkeit, die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese seltenen Erkrankungen zu richten und damit die Forschung zu motivieren, sich auch den „Zebras“ der Medizin zu widmen.

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