Altersdemenz

Der Schleier des Vergessens

Von Svenja Runciman · 2020

Demenz und ihre häufigste Variante Alzheimer sind auf dem Vormarsch. Auch wenn bisher nur ein Aufschub, aber keine Heilung möglich ist, machen einige neue Studien Hoffnung, dass die Geheimnisse um die degenerative Erkrankung bald gelüftet werden.

Person, die ein Kopf-Puzzle zusammensetzt.
Der Alltag von Betroffenen kann zu einem unlösbaren Puzzle werden. Foto: iStock / LightFieldStudios

Schon wieder ist die Geldbörse verlegt oder der Name des jüngsten Enkelkinds wie weggeblasen. Hinter dieser „Vergesslichkeit“, aber auch hinter Sprach- oder Orientierungsschwierigkeiten kann mehr stecken: Demenz ist – nicht nur in Deutschland – auf dem Vormarsch. Mit rund zwei Dritteln aller Betroffenen ist Alzheimer dabei die häufigste Form dieser neurodegenerativen Erkrankung, die erstmals von dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer (1846 – 1915) wissenschaftlich beschrieben wurde. Schätzungen zufolge sind aufgrund der alternden Gesellschaft mittlerweile etwa 47 Millionen Menschen weltweit von Demenz betroffen, Wissenschaftler hegen die Befürchtung, dass sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln könnte.

Altersdemenz: Die Besorgnis nimmt zu

Kein Wunder, dass gleichzeitig mit den steigenden Zahlen auch die Angst vor der Erkrankung zunimmt, wie beispielsweise der „Sicherheitsreport 2020“ zeigt. Aus der vom Institut für Demoskopie Allensbach erstellten Studie geht hervor, dass bei den Deutschen mittlerweile die Sorge um das persönliche Wohlergehen an erster Stelle steht: 42 Prozent und damit der größte Anteil der Befragten sorgen sich, dass sie im Alter zum Pflegefall werden und unter Demenz leiden könnten – damit steht diese Befürchtung noch vor der Angst vor den Auswirkungen des Klimawandels, vor Krieg und vor Altersarmut. Für die Studie, die seit 2011 jährlich veröffentlich wird, wurden mehr als 1.000 mündlich-persönliche Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der deutschen Bevölkerung ab 16 Jahren geführt.

Quelle: www.deutsche-alzheimer.de, Stand: 20.08.2020

Ausbreitung wie eine Infektion

Seit Jahren arbeitet die Wissenschaft mit Hochdruck an der Erforschung von Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten der bislang nicht therapierbaren Erkrankung. Allerdings gibt es auch hinsichtlich der Entstehung noch Fragezeichen. Bekannt ist bisher, dass sich im Zuge der Alzheimer-Demenz im Gehirn fehlgefaltete Amyloid- und Tau-Proteine anreichern. Forscher des Instituts für Schlaganfall- und Demenzforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität in München sorgten jetzt für Aufsehen, als sie herausfanden, wie sich diese Tau-Proteine im Gehirn verbreiten: Sie werden über miteinander verbundene Nervenzellen an den Synapsen an andere Neuronen weitergegeben – genau wie bei einer Infektion. Für die im Juli im Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte Studie wurde mittels bildgebender Verfahren die Verteilung der Proteine im Gehirn von Alzheimer-Patienten beobachtet. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen langfristig eine genauere Vorhersage des mitunter sehr unterschiedlichen Krankheitsverlaufs ermöglichen.

Der Einfluss des Darms

Eine weitere Studie zeigt, welche Auswirkungen die Darmflora haben kann. Schon länger werden bei Alzheimer-Patienten mehr entzündungsfördernde und weniger entzündungshemmende Bakterien im Darm beobachtet. Nun haben Wissenschaftler der Emory University in Atlanta, USA zunächst an Mäusen festgestellt, wie dieses Ungleichgewicht Alzheimer beschleunigen kann. Noch muss sich zeigen, ob sich das Modell auf den Menschen übertragen lässt; die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass zukünftig mit optimierter Ernährung oder auch speziellen Nahrungsergänzungsmitteln das Fortschreiten der Erkrankung eingedämmt werden könnte. Weitere Studien mit Hinblick auf Früherkennungsmethoden per Bluttest, aber auch auf mögliche Medikamente lassen darauf hoffen, dass die Medizin die Krankheit, auch wenn sie vielleicht immer noch nicht heilbar sein wird, in den nächsten Jahren zumindest besser in den Griff bekommt.

Quellen:
www.deutsche-alzheimer.de
www.alz.org/de/demenz-alzheimer-deutschland.asp
www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/

Demenz in Zeiten der Pandemie

Es ist aktuell eine herausfordernde Zeit für uns alle – vor allem aber für Menschen mit Demenz. Hier die drei häufigsten Fragen und Antworten, um den Alltag zu erleichtern:

1. Wie kann ich einem Menschen mit Demenz die Situation rund um die Corona-Pandemie
erklären? 

Je nachdem, wie viel Betroffene noch verstehen und verarbeiten können, muss die Antwort auf diese Frage unterschiedlich ausfallen. Versuchen Sie, die aktuelle Situation mit einfachen Worten zu erklären. Wichtig: Geben Sie Ihrem Angehörigen mit Demenz gleichzeitig auch zu verstehen, dass er in Sicherheit ist, dass Sie weiter für ihn da sind und dass er nicht alleine ist. 

2. Wie kann ich die gemeinsame Zeit zu Hause leichter machen?

Auf der Internetseite „Älter werden in Balance“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) finden Sie eine ganze Reihe von Videos mit Bewegungsübungen, die teils auch zu Hause durchgeführt werden können:

www.aelter-werden-in-balance.de/online-bewegungsangebote/uebungsvideos/

Weitere Anregungen finden Sie auch in der kostenlosen App „Alzheimer & YOU – den Alltag aktiv gestalten“ der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

3. Was tun, wenn mein Angehöriger / meine Angehörige keine Maske tragen will? 

Soweit wie möglich sollte der Besuch von Geschäften und die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln vermieden werden. Wenn das nicht möglich ist, kann ein Verständniskärtchen helfen mit dem Hinweis, dass die oder der Betreffende eine Demenz hat. Je nach Bundesland gibt es Ausnahmeregelungen für behinderte und chronisch kranke Menschen. Die Aktion Mensch hat hierzu eine praktische Liste erstellt: 

www.aktion-mensch.de/corona-infoseite

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